EUfit+ - Zukunftschancen in Europa:
Zwei persönliche Erfahrungsberichte aus Irland

Datum
20.10.2016

Rebecca Kunic und Zeynel Denni, zwei Teilnehmende des Projekts EUfit+, berichten von ihren Erfahrungen in Irland und was ihnen der Aufenthalt beruflich und persönlich gebracht hat. Frau Kunic, eine von vier alleinerziehenden Teilnehmenden, verbrachte drei Monate mit ihrer Tochter und weiteren sieben Teilnehmenden in Cork. Herr Denni war mit ebenfalls sieben Teilnehmenden in Limerick.
Beide absolvierten zunächst einen dreiwöchigen Sprachkurs und in Anschluss hieran ein siebenwöchiges Praktikum. In den letzten zwei Wochen des Aufenthaltes nahmen beide Gruppen an einem sozialen Projekt in einer gemeinnützigen Einrichtung der jeweiligen Stadt teil.
Beide Teilnehmende kamen als Nachrücker erst einen Monat vor dem Auslandsaufenthalt ins Projekt. Wie es den beiden trotz der verkürzten Vorbereitungsphase gelang, insbesondere durch die in Irland gesammelten Erfahrungen eine realistische berufliche Perspektive zu entwickeln und diese erfolgreich zu verfolgen, erfahren Sie in den beiden folgenden Berichten.

Bericht von Rebekka Kunic

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©  Projekt EUfit plus

Ich habe durch das Jobcenter in Herten von dem Projekt EUfit+ erfahren und wurde zu einem Vortrag eingeladen. Am Anfang dachte ich mir, das wäre nur ein Projekt, in dem man Bewerbungen schreibt und mein Interesse war nicht so stark. Doch bei dem Vortrag, als die Mitarbeiter ein bisschen vom letzten Jahr erzählt haben, wuchs mein Interesse stark. Ich hatte noch nie vorher die Möglichkeit, als alleinerziehende Mutter drei Monate ins Ausland zu fahren. Nach dem Vortrag wollte ich mich auch am liebsten schon direkt anmelden, musste aber noch einiges abklären aufgrund meiner Tochter. Da mein Ex- Mann und ich das gemeinsame Sorgerecht haben, konnte ich es nicht einfach über seinen Kopf hinweg entscheiden, aber nach langer Überredungskunst konnte ich ihn auch davon überzeugen, da es nur zum Vorteil für meine Tochter und auch für mich war.

Leider habe ich erst sehr spät von diesem Projekt erfahren, so dass ich als Quereinsteigerin dazu gekommen bin und vieles in der Vorbereitung verpasst habe. Aber das habe ich jetzt nicht als allzu schlimm empfunden, da ich schon Englischkenntnisse aus meiner Schulzeit hatte. Außerdem habe ich die Gruppe schnell kennengelernt und das Teambuilding im SBZ hat hierbei noch mehr geholfen.

Ich hatte zwischen der Anmeldung zum Projekt und dem Abflug genau vier Wochen. Das war für meine Familie sehr plötzlich, aber ich wurde von jedem unterstützt, denn so eine Chance bekommt man nicht alle Tage. Gerade meine Mutter hat sich sehr für mich gefreut.

Am Tag des Abfluges waren wir alle sehr gespannt und ich war auch sehr nervös und hatte viele Fragen im Kopf. Wie wird es dort wohl sein? Wie wird das Zusammenleben klappen? Wie werden dort die Menschen sein? Und wie werde ich im Praktikum klar kommen?

Die ersten Tage in Irland waren unvergesslich, alles war so neu und spannend. Ich wollte so viel entdecken, bin auch jeden Tag raus gegangen und überall umher gefahren. Ich persönlich habe mich sehr schnell dort heimisch gefühlt. Ich habe mich schnell mit der neuen Umgebung angefreundet, das liegt aber auch daran, dass ich ein offener Mensch bin und auch aus schlechten Situationen immer das Beste mache. Für mich gab es nicht so viele Herausforderungen, denn ich habe mich überall wohl gefühlt. Am Anfang hatte ich ein bisschen Angst zum Praktikum zugehen, da ich nicht wusste, was mich dort erwartet. Mein Praktikum habe ich im Cobh Community Hospital in der Altenpflege gemacht. Ich hatte echtes Bauchkribbeln, doch dies legte sich schon nach der ersten Stunde. Die Iren waren so aufgeschlossen und liebevoll zu mir, alle sind auf mich zugegangen und wollten sich mit mir über Deutschland unterhalten. Auch meine Arbeit dort erledigte ich mit Freude und sie waren glücklich darüber, denn ich war ihnen eine sehr große Hilfe bei der Pflege und Ausgabe von Essen an ältere Menschen. Ich durfte auch nach einer Woche direkt alles mitmachen, was auch die Krankenschwestern tun durften, das gab mir ein großes Stück Selbstbewusstsein. Meine Sprachkenntnisse haben sich in Irland stark verbessert. Ich hatte zwar noch die Grundkenntnisse aus meiner Schulzeit, aber in Irland musste man drei Monate jeden Tag Englisch reden und dadurch hat man sich sehr daran gewöhnt und von Tag zu Tag hat man neue Vokabeln dazu gelernt.

Meine Tochter hat sich sehr schnell in Irland eingelebt. Sie hat mir da schon manchmal gesagt, dass sie nicht mehr nach Deutschland will. Jetzt fragt sie auch oft, wann wir wieder nach Irland fahren. Sie teilt jetzt mehr und das Zusammenleben mit den anderen Kindern in der Betreuungsgruppe des Projekts hat sie positiv verändert.

Meine berufliche Orientierung hat sich durch Irland nicht wirklich verändert, denn ich wollte schon immer etwas im medizinischen Bereich machen, nur wir haben dort entdeckt, dass für mich als alleinerziehende Mutter eine Ausbildung im Bereich der medizinischen Fachangestellten zeitenfreundlicher ist als eine Ausbildung in der Altenpflege mit den ganzen Wechselschichten. Erst wusste ich nicht, was ich stattdessen machen soll, aber dann haben wir überlegt, dass Medizinische Fachangestellte das Richtige für mich ist.

Am allerbesten am Auslandsaufenthalt fand ich das Cappanalea Outdoor Education Center. Dort waren wir für ein Wochenende und es war unvergesslich. Wir sind dort auf Klippen gestiegen und haben uns abgeseilt. Sind Kayak gefahren und haben Stand-up-Paddling gemacht. Ich bin sowieso schon ein Sportfreak und dort war es einfach perfekt für mich und fühle mich dadurch zusätzlich gestärkt. Es ist immer wieder erstaunlich, wie durch solche sportlichen Erlebnisse das Selbstbewusstsein gestärkt wird, man wieder Mut und Hoffnung findet. Am Ende des Auslandsaufenthaltes war ich zwar froh wieder nach Hause zu kommen, wusste aber, dass ich die Zeit in Irland auch vermissen werde.

Jetzt in der Nachbereitungszeit habe ich nur Bewerbungen geschrieben, wir hatten Bewerbungstraining und viel Hilfe. Ich hatte auch einen Ausbildungsplatz und schon den Vertrag unterschrieben, aber dann waren die so unfreundlich zu mir, dass ich vom Vertrag wieder zurück getreten bin. Ich habe mich dagegen entschieden, nachdem ich es ausprobiert hatte und auch alles mit dem Jobcenter geklärt, da ich Sorge hatte, Kürzungen zu bekommen.

Als Mutter ist es schwer eine Ausbildung zu finden. Ich habe viele Absagen aufgrund meines Kindes bekommen, da die Arbeitgeber mich nicht in Teilzeit ausbilden wollten oder Angst hatten, dass ich zu viel ausfallen würde, denn ein Kind wird oft krank. Doch man sagt so schön, wer sucht, der findet. Jetzt habe ich die Chance bekommen, über den TÜV Nord in Recklinghausen eine überbetriebliche Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Die Mitarbeiter vom Projekt haben mich dabei unterstützt. Ich habe eine Liste von Arztpraxen gemacht und bin persönlich mit meinen Unterlagen hingegangen. Ich habe auch eine Arztpraxis gefunden, die mich ausbildet und fange dort ab dem 05.09.2016 meine Ausbildung an.

Ich kann das Projekt EUfit+ nur weiter empfehlen, denn man bekommt diese Chance kein zweites Mal im Leben. Erst einmal sind die Mitarbeiter super lieb und haben immer für alles Verständnis, wenn man sich auch bemüht und offen für alles ist. Sie respektieren einen und helfen dir wirklich auch dabei, etwas, was zu dir passt, zu finden. Ich persönlich würde immer wieder am Projekt teilnehmen, denn Irland war echt klasse und ich bin mit einem Ausbildungsplatz hier raus gegangen.

Bericht von Zeynel Denni

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©  Projekt EUfit plus

Ich habe eine Ausbildung als Synchronsprecher und habe ein Studium abgebrochen. Ich bin 26 Jahre alt und wusste nicht, was ich machen soll.

Das Projekt fing für mich ab dem ersten des Monats Februar 2016 an. Das Projekt startete jedoch im Dezember. Ich bin ein Nachzügler gewesen. Ich wurde vom Jobcenter auf dieses Projekt aufmerksam gemacht. Zu einer Veranstaltung zur Vorstellung dieses Projektes wurde ich nach Recklinghausen eingeladen. Nach der Veranstaltung habe ich nicht lange gezögert und die Teilnahme an dem Projekt EUfit+ bestätigt. Schließlich ging es um einen dreimonatigen Aufenthalt in Irland mit berufsbezogenen Praktika.

Ich wurde für einen Monat in einem Englischkurs im RE/init (Projektträger) ausgebildet, so dass ich die Kultur und die Sprache bestens drauf hatte. Ehe ich mich versah, war es bereits März und das große Abenteuer begann.

Nervös war ich schon etwas, da ich in einem komplett anderssprachigen Land war. In einer fremden Familie zu wohnen ist für einen sehr ungewohnt gewesen, jedoch konnte man sich sehr gut verstehen, da man zuvor im Kurs die englische Kultur kennengelernt hatte. Ich durfte auch sehr viele Menschen aus unterschiedlichen Nationen kennenlernen. Das geschah durch einen weiteren Sprachkurs in der University of Limerick.

Sowohl das siebenwöchige Praktikum in einem irischen Hotel als auch das zweiwöchige soziale Projekt waren super. Wir haben so viele Ausflüge gemacht und jeder einzelne dieser war wunderschön. Ich habe sehr viele schöne Momente dort erlebt. Ich hätte es mir in meiner damaligen Situation nicht erträumen lassen, dass ich mal nach Irland fahren würde und so viel erlebe. Ich sage immer wieder, dass es eine meiner besten Entscheidungen gewesen ist, die ich je in meinem Leben getroffen habe und dafür bin ich vom tiefsten Herzen dankbar, dass mir so eine zukunftsbewegende Chance gegeben wurde.

Dank dieses Projektes bin ich aus einer hoffnungslosen Lage raus gekommen. Ich bin jetzt stolzer Besitzer eines Ausbildungsplatzes in einem 5-Sterne Hotel in Essen als Hotelfachmann. An dieser Stelle möchte ich mich nochmals vom tiefsten Herzen bei den Mitarbeitern von RE/init bedanken, die unermüdlich Tag täglich uns an die Hand genommen und uns motiviert haben an unserer beruflichen Zukunft zu arbeiten.

Das Projekt EUfit+ wird im Rahmen der Integrationsrichtlinie Bund, Handlungsschwerpunkt "Integration durch Austausch" gefördert. Ziel des Projekts ist es, arbeitslose Jugendliche und junge Erwachsene durch einen dreimonatigen begleiteten Auslandsaufenthalt in Irland mit drei-wöchigem Sprachkurs, betrieblichem Praktikum und Sozialcamp in ihren Kompetenzen zu stärken und nach ihrer Rückkehr in Ausbildung/Arbeit/einen Schulabschlusskurs zu integrieren.

Das Projekt läuft vom 01.07.2015 bis zum 30.06.2019. Insgesamt nehmen acht Gruppen an einem Auslandsaufenthalt in Irland teil.

Teilnehmen können alle interessierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus dem Kreis Recklinghausen, die zwischen 18 und 27 Jahre alt sind und

  • den Schulabschluss nicht geschafft haben.
  • nach dem Schulabschluss keinen Ausbildungsplatz gefunden haben.
  • eine Ausbildung abgebrochen haben.
  • nach abgeschlossener Ausbildung arbeitslos sind.
  • alleinerziehend sind.
  • eine Behinderung haben.