Den Berufswechsel wagen: Mit 42 in die Erzieherausbildung

Datum
14.12.2018

Die ersten rund 120 der insgesamt knapp 680 Teilnehmenden haben ihre Ausbildung in diesem Sommer abgeschlossen. In zwei Jahren sollen alle ihre staatliche Anerkennung erworben haben. Zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts sind die angehenden pädagogischen Fachkräfte neben dem Besuch einer Fachschule von Beginn an in einer Kindertageseinrichtung (Kita) sozialversicherungspflichtig angestellt. In der Zeit ihrer Ausbildung bekommen sie eine monatliche Vergütung von 1.250 Euro brutto.

Vergütung der Ausbildung wichtig

Für viele Teilnehmende war die Vergütung der Ausbildung der entscheidende Grund, sich einen oftmals lang gehegten Herzenswunsch zu erfüllen und endlich Erzieherin bzw. Erzieher zu werden: "Man müsste verrückt sein, diese Ausbildung in meinem Alter und mit meinen Verpflichtungen ohne Vergütung zu machen. Nach drei Jahren wäre man sonst doch hoch verschuldet", so Programmteilnehmer Stephan Rathcke (45), ehemaliger Spediteur, der in diesem Sommer seine Ausbildung beendete. Die beteiligten Kitas haben für die Finanzierung der Vergütung einen Zuschuss aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) erhalten.

Mehrere Personen
Quereinsteigende aus dem ersten Jahrgang im ESF-Bundesmodellprogramm Quereinstieg - Männer und Frauen in Kitas beim Barcamp im November 2016 zum Thema "Was hilft mir als Quereinsteiger/in meine Ausbildung erfolgreich zu absolvieren?" © Koordinationsstelle "Chance Quereinstieg/Männer in Kitas"

Vergütete Ausbildungen zur Erzieherin bzw. zum Erzieher werden mittlerweile in vielen Bundesländern erprobt, eingeführt oder verstetigt. Oftmals fühlen sich Männer im besonderen Maße von dieser Form der Ausbildung angesprochen. Im Programm liegt ihr Anteil bei 35 Prozent.

Wissen, worauf es ankommt

Die Kitas sind begeistert von den berufserfahrenen Menschen. "Es ist eine andere Qualität, mit älteren Menschen zu arbeiten, Jüngere muss man viel mehr anleiten", sagt beispielsweise die stellvertretende Leiterin der Kita, in der Stephan Rathcke seine Ausbildung machte. "Die Älteren hatten alle schon einmal einen Job, sehen die Arbeit und wissen, worauf es ankommt."

Mehrere Personen
Gespannte Aufmerksamkeit im Barcamp, die Teilnahme der Quereinsteigenden aus dem ersten Jahrgang im ESF-Bundesmodellprogramm "Chance Quereinstieg - Männer und Frauen in Kitas" hat sich gelohnt. © Koordinationsstelle "Chance Quereinstieg/Männer in Kitas"

Vereinbarkeit von Ausbildung & Familie

Trotz der guten Rahmenbedingungen war er nach drei Jahren froh, die Ausbildung abzuschließen, das Ersparte sei sonst bald verbraucht gewesen. "Und mir geht die Power aus, Arbeit, Schule, Familie, Freizeit und Geldprobleme unter einen Hut zu bringen.", resümiert er die Belastung am Ende der dreijährigen Ausbildung. Das zeigt: Eine berufsbegleitende Ausbildung, die auch Berufswechslerinnen und Berufswechsler zum Abschluss führen will, ist eine besondere Herausforderung.

Rosige Aussichten

Einen Arbeitsplatz als Erzieher hatte Stephan Rathcke schon sicher, bevor er seinen Abschluss gemacht hat. Nicht zuletzt sind es auch die Zukunftsaussichten in diesem Beruf, die viele Teilnehmende motivieren. Erzieherinnen und Erzieher werden händeringend gesucht.

Ein Quereinsteiger lernt seinen Traumberuf

Das ESF-Bundesmodellprogramm "Quereinstieg - Männer und Frauen in Kitas" hat auch Helmut Salvatore Hartwich zum Einstieg in seinen Traumberuf verholfen. Gesendet wurde seine Geschichte im Deutschlandfunk: "Helle wird Erzieher", ein Feature von Rosemarie Mieder und Gislinde Schwarz, das Sie nachhören können unter https://www.deutschlandfunk.de/ein-quereinsteiger-lernt-seinen-traumberuf-helle-wird.1247.de.html?dram:article_id=425404

Qualität in Gefahr? Vergütete Ausbildungsmodelle für Erzieher/innen

Im Rahmen einer zweitägigen Fachveranstaltung mit Barcamp hat die Koordinationsstelle Chance Quereinstieg/Männer in Kitas am 14. und 15. November die Frage diskutiert: "Was macht die Qualität von berufsbegleitenden vergüteten Ausbildungsmodellen für Erzieher/innen aus?"
Neben Verantwortlichen von Kitaträgern und Fachschulen, politischen Entscheidungsträgern auf kommunaler Ebene, Landes- und Bundesebene, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und vielen weiteren am Thema Interessierten haben auch Quereinsteigende mit großem Interesse an der Veranstaltung teilgenommen.
Nähere Informationen zu der Veranstaltung finden Sie auf der Programmwebsite.

Ziel des Programms "Quereinstieg - Männer und Frauen in Kitas" ist es, Männern und Frauen unabhängig vom vorangehenden Status der Beschäftigung lebenslanges berufliches Lernen mit einer Absicherung des Lebensunterhaltes zu ermöglichen. Sowohl Beschäftigte wie auch Arbeitslose könnten auf diese Weise unabhängig von staatlichen Förderinstrumenten ihre Berufslaufbahn individuell an die Entwicklungen des Arbeitsmarktes anpassen und eine Qualifizierung zur staatlich anerkannten Erzieherin und zum staatlich anerkannten Erzieher absolvieren.

Das Programm wird gefördert aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie des Europäischen Sozialfonds. Weitere Informationen zum Programm finden Sie auf dem ESF-Webportal sowie auf der Programmwebsite.