ESF-Erfolgsrezepte: "Süße Köstlichkeiten" - Gründung der "Darwish Konditorei"

Datum
27.08.2019

Ali Darwish, Teilnehmer des ESF-geförderten Projekts "ActNow!-Entrepreneurship Training für Flüchtlinge und Asylsuchende", eröffnete im Mai 2018 seine erste Konditorei in Köln. Die Gründung eines Unternehmens ist für ihn keineswegs neu. In Syrien war er über 20 Jahre lang mit drei Konditoreien und etwa 100 Mitarbeitenden erfolgreich tätig. Seine syrischen Süßigkeiten "Darwish Sweets" waren landesweit bekannt und beliebt.

Durch den Krieg in Syrien verloren Ali Darwish und seine Familie ihr Unternehmen. In Deutschland musste er nun neu beginnen. Ein langer Weg, den Ali Darwish konsequent mit allen Hürden gegangen ist: Deutsch lernen, alle notwendigen rechtlichen und organisatorischen Anforderungen in Deutschland verstehen und erfüllen, sein Können immer wieder unter Beweis stellen, einen Businessplan schreiben, ein passendes Ladenlokal finden, die Finanzierung sichern. Seine Beraterin beim Jobcenter Köln unterstützte seinen Wunsch, in Köln wieder selbständig zu arbeiten, und ermöglichte ihm die Teilnahme am Entrepreneurship Training im Teilprojekt "ActNow!" des Förderprogramms "Integration durch Qualifizierung (IQ)".

Das IQ-Teilprojekt aus Nordrhein-Westfalen (NRW) unterstützt geflüchtete Personen, die bereits unternehmerisches Potenzial erkennen lassen, eine andere berufliche Perspektive zu gewinnen. Denn: Für manche Ratsuchende kann es leichter sein, ein Unternehmen zu gründen als eine neue Ausbildung zu beginnen.

"Dazu braucht es aber Angebote, die dabei helfen, alles Wichtige zu beachten", so die Projektleitung Julia Siebert. Diese Unterstützung bietet "ActNow!" den Teilnehmenden in einem mehrmonatigen Entrepreneurship-Training. Ein bestimmtes Sprachniveau wird dabei nicht vorausgesetzt. Mangelnde Deutschkenntnisse sollen kein Ausschlusskriterium für Menschen mit Gründungsinteresse sein, denn im Laufe des Projekts ergeben sich erfahrungsgemäß große sprachliche Fortschritte.

In der Regel verläuft das Training im IQ NRW Teilprojekt nach folgendem Muster: Nach einer allgemeinen Ideenfindung zu Beginn wird erörtert, wo die Stärken der Teilnehmenden liegen und inwieweit Vorkenntnisse vorhanden sind. Ist eine Geschäftsidee gefunden und ein passendes Konzept dazu erstellt, wird dieses in einer Runde vor den anderen Teilnehmenden präsentiert. So schärfen die Teilnehmenden ihre Kommunikationskompetenz und lernen, vor einer Gruppe ihre Ideen ansprechend vorzustellen. Im Anschluss wird in enger Zusammenarbeit mit der Trainerin oder dem Trainer ein Businessplan entworfen, der mit fachkundiger Stellungnahme eines Wirtschaftsförderers dem Jobcenter vorgelegt werden muss. Gibt das Jobcenter grünes Licht, kann die Existenzgründung mit Einstiegsgeld vom Jobcenter starten.

Ali Darwish fand Anfang 2017 über das Jobcenter den Weg zu "ActNow!" und wurde dort von Trainer Ágúst Pétursson intensiv betreut. Eine hohe Motivation, eine große Portion Mut und Entschlossenheit zeichnen Ali Darwish aus: Mit drei Konditoreien und ca. hundert Angestellten hatte er in Syrien bereits sein unternehmerisches Geschick bewiesen.

"Wir nehmen die Menschen ernst und arbeiten mit ihren Stärken. Auch wenn sie anfangs teilweise verunsichert und ihre Deutschkenntnisse nur wenig fortgeschritten sind. Die Entwicklung eigener Ideen und diese in deutscher Sprache vor anderen zu präsentieren, stärkt das Selbstbewusstsein der Menschen enorm und verleiht ihnen großen Antrieb", so Pétursson.

Allerdings dauert es bis zur tatsächlichen Unternehmensgründung oft einige Monate. Im Fall von Ali Darwish vergingen knapp eineinhalb Jahre vom Einstieg in das Training bis zur Eröffnung der Konditorei. Ohne seine Eigeninitiative hätte es wohl länger gedauert. Über viele Monate suchte er nach einer geeigneten Räumlichkeit für seine Konditorei, bis ihm schließlich in einem Café ein Lokal auf der anderen Straßenseite ins Auge sprang. Er lernte den Besitzer kennen und erfuhr von ihm, dass dieser das Lokal schließen wolle. Von einem engen syrischen Freund, der als erfolgreicher Unternehmer auch in Köln lebt, bekam er das nötige Startkapital. Den im Training ausgearbeiteten Businessplan legte er dem Jobcenter vor und bekam schon wenige Wochen danach die Erlaubnis, sein Vorhaben umzusetzen. Seit 2018 backt Herr Darwish mit tatkräftiger Unterstützung seiner Frau und seinen beiden Töchtern erfolgreich süße Köstlichkeiten.

IQ NRW Trainer Ágúst Pétursson, Ali Darwish mit seinen beiden Töchtern, Projektleiterin Ingibjörg Pétursdóttir, Projektleiterin Julia Siebert (v.l.n.r.)
IQ NRW Trainer Ágúst Pétursson, Ali Darwish mit seinen beiden Töchtern, Projektleiterin Ingibjörg Pétursdóttir, Projektleiterin Julia Siebert (v.l.n.r.) © WHKT

Das Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung (IQ)" arbeitet seit 2005 an der Zielsetzung, die Arbeitsmarktchancen für Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern. Von zentralem Interesse ist, dass im Ausland erworbene Berufsabschlüsse - unabhängig vom Aufenthaltstitel - häufiger in eine bildungsadäquate Beschäftigung münden.

Das in allen 16 Bundesländern mit etwa 330 Teilprojekten aktive Förderprogramm IQ hat sich in den vergangenen Jahren als wichtige Adresse für Zugewanderte und Geflüchtete erwiesen, die eine Arbeitsmarktintegration anstreben. Es wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Partner in der Umsetzung sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Bundesagentur für Arbeit (BA).

Weitere Informationen zum Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung (IQ)" stehen auf dem ESF-Portal sowie auf der Website des Programms.