"Geh auf Nummer sicher - Schreibe deine Stunden auf!"

Datum
15.07.2021

Das Beratungsteam der "Fairen Integration Thüringen" hat einen Abreißblock zur übersichtlichen Erfassung geleisteter Arbeitsstunden sowie eine kurze Übersicht zu rechtlichen Regelungen der Arbeitszeit entwickelt. Ratsuchende erhalten so eine leicht handhabbare Unterstützung, um sie präventiv über ihre Rechte aufzuklären und zur Einforderung dieser Rechte zu ermächtigen. Das Instrument "Geh auf Nummer sicher - Schreibe deine Stunden auf!" wird erfolgreich im "IQ" Netzwerk Thüringen eingesetzt und mit Fördermitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie des Europäischen Sozialfonds finanziert.

Das Instrument erhielt jüngst die Auszeichnung "IQ Good Practice-Beispiel" im Förderprogramm "IQ" und wurde damit für seine Innovation, Transferfähigkeit und Nachhaltigkeit gewürdigt.

Geleistete Arbeitszeit sicher erfassen

Dass Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in nicht immer einer Meinung sind, wie viele Stunden tatsächlich gearbeitet wurde, kommt relativ häufig vor. Das zeigt die Beratungspraxis des "IQ"-Teilprojekts "Faire Integration" in der Trägerschaft des DGB-Bildungswerks Thüringen deutlich. Ausgehend von ihren Erfahrungen und den Vor- und Nachteilen bereits existierender Zeiterfassungssysteme haben die Mitarbeiter*innen des Projekts ein ebenso einfaches wie gut nutzbares Instrument entwickelt.

Es handelt sich um eine handliche DIN A5-Mappe, die in jede Tasche passt. In der Mappe befindet sich ein Abreißblock zur übersichtlichen Erfassung geleisteter Arbeitsstunden, auch Einsatzorte oder verschiedene Tätigkeiten können notiert werden. Ein Beispielblatt macht deutlich, welche Informationen bei einem Konflikt mit der*dem Arbeitgeber*in vorgehalten werden müssen. Die vorgelochten Wochenübersichten können dann in dem Heftstreifen sicher abgelegt werden. Eine kurze Übersicht zu den rechtlichen Regelungen der Arbeitszeit ergänzt das praktische Instrument.

Illustration
Das Instrument "Geh auf Nummer sicher - Schreibe deine Stunden auf!" macht Arbeitsleistungen transparent. © Förderprogramm IQ/RockAByte GmbH

Durchgängig positives Feedback der Ratsuchenden

Die Texte wurden leicht verständlich, kurz und aussagekräftig geschrieben, um den sprachlichen Herausforderungen der Zielgruppen gerecht zu werden. Mappe und Block sind in neun Sprachen übersetzt worden.

Mit "Geh auf Nummer sicher - Schreibe deine Stunden auf!" ist eine leicht handhabbare und sinnvolle Unterstützung für Ratsuchende entstanden. Damit wird die Zielgruppe über ihre Rechte aufgeklärt und gleichzeitig ermächtigt, diese Rechte auch einzufordern. Ratsuchende bei "Faire Integration" erhalten ein Exemplar und nehmen häufig ein weiteres für Bekannte mit.

Die Publikation wurde an weitere Beratungsstellen verteilt, so dass aktuell mehrere hundert Exemplare in Nutzung sind. Das Feedback der Ratsuchenden ist durchgängig positiv. Sie freuen sich über die unkomplizierte Möglichkeit, ihre Arbeitszeiten zu erfassen und somit mehr Kontrolle über ihre Abrechnungen zu bekommen.

Gegen ungerechte Lohnzahlungen wehren

"Bei Montage und Leiharbeit ist es besonders wichtig, auch noch den Einsatzort aufzuschreiben, weil die Menschen an vielen unterschiedlichen Orten arbeiten", weiß Anne Willecke, Projektleiterin "Faire Integration", "gerade in der Leiharbeit ist es wichtig zu wissen, dass die Stunden, die im Arbeitsvertrag stehen, auch gezahlt werden müssen. Dies gilt auch, wenn die*der Arbeitgeber*in keine Arbeit zu erledigen hat, für die*der Arbeitnehmer*in jedoch zur Verfügung steht."

Benjamin Heinrichs, Leiter des "IQ"- Teilprojekts "Faire Integration" in Erfurt, erläutert: "Die meisten der Ratsuchenden wissen nicht, dass Ausschluss- beziehungsweise Verfallsfristen im Arbeits- oder Tarifvertrag nur wenig Zeit lassen, ausstehende Lohnzahlungen einzufordern. Wir haben mit unserer kleinen, sehr praktischen Mappe unseren Ratsuchenden etwas an die Hand gegeben, mit dem sie auch dabei unterstützt werden, sich selbst gegen ungerechte Lohnzahlungen zu wehren. Die Mappen unterstützen dabei, Konflikte zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in sachlich und fair zu lösen."

Good Practice im Förderprogramm "IQ"

Zu allen innovativen, nachhaltigen sowie transferfähigen Ansätzen von "IQ"-Teilprojekten und ihre erfolgreichen Umsetzungen erstellt das Förderprogramm "IQ" Infoblätter. Schon in der Förderrunde 2015-2018 wurden insgesamt 38 "IQ Good Practice"-Infoblätter verfasst. Die Reihe der Infoblätter wird in der aktuellen Förderperiode 2019-2022 fortgesetzt und für den systematischen Transfer in vier verschiedenen Handreichungen an Arbeitsverwaltungen, Beratungsstellen, Bildungsdienstleister und Unternehmen aufbereitet. Ziel ist es, dass erprobte Ansätze wie z. B. Konzepte oder Formate innerhalb und außerhalb des Förderprogramms "IQ" weiter genutzt, verbreitet und nachhaltig verankert werden.

Alle Ausgaben der "IQ Good Practice-Reihe" stehen online zum Download zur Verfügung.

Das Förderprogramm "IQ"

Das Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung (IQ)" arbeitet seit 2005 an der Zielsetzung, die Arbeitsmarktchancen für Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern. Von zentralem Interesse ist, dass im Ausland erworbene Berufsabschlüsse - unabhängig vom Aufenthaltstitel - häufiger in eine bildungsadäquate Beschäftigung münden.

Das in allen 16 Bundesländern mit rund 400 Teilprojekten aktive Förderprogramm "IQ" hat sich in den vergangenen Jahren als wichtige Adresse für Zugewanderte und Geflüchtete erwiesen, die eine Arbeitsmarktintegration anstreben. Es wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert. Partner in der Umsetzung sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Bundesagentur für Arbeit. Weitere Informationen zum Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung (IQ)" finden Sie auf dem ESF-Portal sowie auf der Website des Programms.

Bis 2020 wurden 554.000 Beratungen durchgeführt und bis Dezember 2019 wurden rund 24.800 Qualifizierungen begonnen.

Auszug aus dem ESF-Newsletter