IQ Good Practice-Beispiel: Konzept "Aufsuchende Beratung in Social Media-Spaces"
- Datum
- 19.10.2021
Der Ansatz der aufsuchenden Beratung in der Zielgruppe der Migrant*innen ist ein von der Migrant*innenorganisation "La Red - Vernetzung und Integration e.V." entwickeltes Konzept, das seit 2019 erfolgreich umgesetzt wird. Das Konzept sieht vor, in den sozialen Medien dorthin zu gehen, wo sich potenzielle Ratsuchende informieren und austauschen, um aktiv mit ihnen in Kontakt zu treten ("digital Streetwork"). Ziel ist es, den Ratsuchenden insbesondere bei Fragen zur Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Abschlüsse Orientierung zu geben. Das Konzept "Aufsuchende Beratung in Social Media-Spaces" ist ein "IQ" Good Practice-Beispiel des "IQ" Landesnetzwerks Berlin.
Neuzugewanderte suchen Informationen zur Anerkennung über soziale Medien
Noch bevor Migrant*innen auf institutionelle Beratungsdienste zugehen, suchen sie meistens Informationen zur Frage der Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen über das Internet bzw. die sozialen Medien und Netzwerke ihrer Communities. Informationen sind dort schnell zugänglich, ein direkter Informations- und Erfahrungsaustausch mit anderen Nutzenden in der eigenen Muttersprache ist leicht möglich. Aufgrund der Komplexität des Themas, der Länge der Anerkennungsverfahren und der gesetzlichen Unterschiede zwischen den Bundesländern bleiben die Fragen der Nutzenden jedoch oft unbeantwortet oder die Reaktionen beschränken sich auf oberflächliche oder sogar irreführende, mit den persönlichen Erfahrungen einzelner Nutzer*innen verknüpfte Informationen. Aus diesen Gründen und um Neuzugewanderte im Integrationsprozess zu unterstützen, ist professionelle Informations- und Beratungsarbeit in sozialen Medien wichtig. Das Team des Projekts " La Red Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung" (" LaRA "), Teilprojekt im "IQ" Landesnetzwerk Berlin, schließt daran an und setzt den Ansatz der "Aufsuchenden Beratung in Social Media-Spaces" aktiv um. Es ist seit Juni 2019 in den sozialen Medien, insbesondere auf Facebook, aktiv und baut mit dem Social Media-Beratungsansatz kontinuierlich seine Online-Reputation aus.

Identifikation von Social Media-Spaces und Monitoring der Communitys
Für die Umsetzung des Social-Media-Beratungsansatzes wurden zunächst die von den Zielgruppen genutzten Kanäle identifiziert. Das "LaRA"-Team wählte die Plattform Facebook als Hauptkanal für seine aufsuchende Beratung aus. Nachdem die für das Projekt relevanten Online-Foren/-Gruppen entsprechend ihrer geographischen Ausdehnung und den relevanten Sprach- oder Berufsgemeinschaften bestimmt worden waren, legte das "LaRA"-Team in diesen Räumen berufliche Profile an, um in diesen Foren/Gruppen aktiv zu werden. Durch die Suchfunktion mit Community-spezifischen Schlüsselwörtern wurden und werden Personen identifiziert, die sich dem Anerkennungsverfahren nähern und daher Fragen zu Themen wie Übersetzung von Dokumenten, Suche nach den passenden zuständigen bzw. anerkennenden Stellen, Kosten des Anerkennungsverfahrens und vielen anderen Themen im Zusammenhang mit dem Thema "Anerkennung" stellen. So können die Berater*innen gezielt auf die in den jeweiligen Online-Foren platzierten Anerkennungsthemen eingehen. Das "LaRA"-Team ist auf Facebook inzwischen in rund 90 Gruppen mit fast 500.000 Mitgliedern aktiv. Diese Gruppen beziehen sich meist auf die Nationalität bzw. die Herkunftsregion, aber zusätzlich auch auf Berufsgruppen. Die Größe der Gruppen variiert, aber in allen tauchen zahlreiche beratungsrelevante Fragen auf.
Berater*innen beantworten Fragen zum Thema Anerkennung und verweisen an die Anerkennungsberatung
Nachdem für das "LaRA"-Team 2019 zunächst die Zielgruppe der spanischsprachigen Zugewanderten aus Lateinamerika und der EU sowie der Italiener*innen im Fokus stand, wurden die Online-Aktivitäten - auch im Zuge der Coronavirus-Pandemie - auf arabisch- und englischsprachige Ratsuchende ausgeweitet. "Unverzichtbar für den Erfolg dieses Ansatzes sind die entsprechenden Muttersprachkenntnisse innerhalb des aufsuchenden Beratungsteams. Um effektiv zu sein, muss die Arbeit der aufsuchenden Beratung in den spezifischen Sprachen der Zielgruppe durchgeführt werden", erläutert Laura Sajeva, Anerkennungs- und Qualifizierungsberaterin bei La Red. Der rege Austausch von Fragen und Erfahrungen in den sozialen Medien bietet ein wichtiges Potenzial, um die Beratungsarbeit ausführen bzw. relevante Informationen bereitstellen zu können sowie konkrete Beratungswünsche und -bedürfnisse zu ermitteln: Die Berater*innen identifizieren und beantworten Fragen nach der Suche der zuständigen Stellen oder nach den Kosten für das Anerkennungsverfahren. Sie nehmen an Diskussionen teil, um zum Beispiel falsche Antworten zu korrigieren und zusätzliche Informationen zur Verfügung zu stellen. Dabei unterliegt der inhaltliche Zuschnitt der aufsuchenden Online-Beratung einer datenschutzrechtlichen Einschränkung. "Die Online-Tätigkeit der Berater*innen beschränkt sich darauf, bestehende Fragen zu identifizieren und diese mit allgemeinen Informationen zu beantworten. Die Arbeit endet mit der Einladung zu einer Erstberatung in die "IQ" Anerkennungsberatungsstellen, bei der alle Datenschutzstandards gewährleistet werden können", so Laura Sajeva. Die Datenauswertungen belegen, dass die aufsuchende Beratung in Social Media eine sinnvolle Ergänzung zur traditionellen Beratungsarbeit in "IQ" darstellt: Durch die Aktivitäten im Netz konnte die Zahl der Beratungen in den "IQ" Beratungsstellen deutlich gesteigert werden.
Das Konzept "Aufsuchende Beratung in Social Media-Spaces" überzeugt als "IQ" Good Practice, weil es in jeder Beratungsumgebung angewendet werden kann, aufgrund seiner Einbindung in Social-Media-Plattformen nachhaltig Beratungsinformationen dokumentiert und innovativ die klassische Beratungsarbeit ergänzt. Zum Download dieses "IQ" Good Practice gelangen Sie hier.
Good Practice im Förderprogramm "IQ"
Zu allen innovativen, nachhaltigen sowie transferfähigen Ansätzen von "IQ" Teilprojekten und ihren erfolgreichen Umsetzungen erstellt das Förderprogramm "IQ" Infoblätter. Schon in der Förderrunde 2015-2018 wurden insgesamt 38 "IQ" Good Practice-Infoblätter verfasst. Die Reihe der Infoblätter wird in der aktuellen Förderperiode 2019-2022 fortgesetzt und für den systematischen Transfer in vier verschiedenen Handreichungen an Arbeitsverwaltungen, Beratungsstellen, Bildungsdienstleister und Unternehmen aufbereitet. Ziel ist es, dass erprobte Ansätze wie z.B. Konzepte oder Formate innerhalb und außerhalb des Förderprogramms "IQ" weiter genutzt, verbreitet und nachhaltig verankert werden.
Alle bisher veröffentlichten 53 Ausgaben der "IQ" Good Practice-Reihe stehen online zum Download zur Verfügung.
Das Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung" (kurz "IQ")
Das Förderprogramm arbeitet seit 2005 an der Zielsetzung, die Arbeitsmarktchancen für Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern. Von zentralem Interesse ist, dass im Ausland erworbene Berufsabschlüsse - unabhängig vom Aufenthaltstitel - häufiger in eine bildungsadäquate Beschäftigung münden.
Das in allen 16 Bundesländern mit rund 400 Teilprojekten aktive Förderprogramm "IQ" hat sich in den vergangenen Jahren als wichtige Adresse für Zugewanderte und Geflüchtete erwiesen, die eine Arbeitsmarktintegration anstreben. Es wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert. Partner in der Umsetzung sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Bundesagentur für Arbeit. Weitere Informationen zum Förderprogramm "IQ" finden Sie auf dem ESF-Webportal sowie auf der Website des Programms.