Interaktiver Weiterbildungsansatz mit Hilfe von Augmented und Virtual Reality

Datum
27.10.2022

Das Forschungsprojekt "API-KMU" entwickelt einen altersgerechten und interaktiven Weiterbildungsansatz, der wesentlich durch den Einsatz von Augmented und Virtual Reality (AR und VR)-Technologie gestützt ist. Das Ziel besteht darin, Aus- und Weiterbildung prozessnah zu gestalten und praxisnahes Lernen durch Lernprozesse in virtuellen Lernräumen zu unterstützen.

Der demografische Wandel als Herausforderung

Der demografische Wandel und die Digitalisierung sind zentrale betriebliche Herausforderungen. Besonders das produzierende Gewerbe ist zudem stark von Fachkräftemangel betroffen. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) verfügen selten über die Ressourcen und konkrete Weiterbildungsansätze, um diese Herausforderung selbstständig zu lösen. Zur Deckung des Fachkräftebedarfs kann die Aktivierung bisher vernachlässigter Zielgruppen beitragen - eine Möglichkeit ist etwa die längere Beschäftigung älterer Arbeitnehmer*innen. Zum einen müssen dafür Arbeitsprozesse neugestaltet, Rollen- und Steuerungskonzepte neu durchdacht sowie innovative Formen der Mensch-Maschine-Interaktion (MMI) in der Produktion entwickelt werden. Zum anderen ist es essenziell, dass sich die Mitarbeiter*innen langfristig weiterbilden können und wollen. Damit dies ermöglicht wird, ist die Umsetzung von arbeitsprozess- und subjektorientierter Weiterbildung notwendig, um unternehmerisch effizient zu sein und auf die Mitarbeiter*innen individuell eingehen zu können. In der praktischen Umsetzung bedeutet das, mit realen Arbeitsprozessen an Maschinen und Beispielen aus dem Arbeitsalltag Wissen, aber vor allem auch Wege und Lösungen zur praktischen Umsetzung vermittelt zu bekommen. Dies kann den Mitarbeiter*innen durch Simulationen, 3D Modelle, Videos oder Interviews im virtuellen Raum dargeboten werden.

Virtual Reality gestütztes Lernen als Antwort - das Projekt "API-KMU"

Im Forschungsprojekt "API-KMU" wird der Mehrwert von digitalen Technologien für die altersgerechte Weiterbildung erforscht und in Virtual Reality basierten Prototypen umgesetzt. Die Prototypen umfassen neben detailgetreuen VR-Lernumgebungen, die auf den realen Produktionsumgebungen der Partner-KMU aufbauen, ebenfalls virtuelle Lernmöglichkeiten. Die Lösung selbst bildet die besonderen Anforderungen (z.B. Lage in strukturschwachen Regionen, keine eigene IT-Abteilung) der Zielgruppe KMU in ihrer Funktionalität ab: alle VR-Lernräume sind über Browser aufrufbar, womit diese auf allen VR-fähigen Geräten (z.B. VR-Brillen und Tablets) nutzbar sind. Dadurch entfällt die Notwendigkeit für interessierte KMU, kostspielige Rechenkapazität (z.B. in Form von Rechenzentren) vorzuhalten. Ebenfalls bietet die Nutzung kompakter und eigenständig lauffähiger VR-Brillen ein hohes Maß an Mobilität, wovon insbesondere Akteur*innen in strukturschwachen Regionen profitieren. Alle Projektergebnisse werden sowohl auf Basis von Experimentergebnissen als auch in stetigem Austausch mit der Praxis (weiter-)entwickelt. Ein hoher Praxisbezug bzw. eine hohe wissenschaftliche Qualität werden durch ein inhaltlich starkes und motiviertes Projektkonsortium gewährleistet:

  • Der Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insb. Prozesse und Systeme (LSWI) an der Universität Potsdam als Forschungspartner (Konsortialführer, Prozess- und Anforderungserhebung, Lösungsgestaltung und -evaluation)
  • Das Institut für Berufspädagogik und Allgemeine Pädagogik am Karlsruher Institut für Technologie als Forschungspartner (Gestaltung des didaktischen Konzepts, Lösungsevaluation)
  • Die rooom AG als technischer Befähiger (Technische Umsetzung der VR-Lösung)
  • Die Dr. Shufani GmbH & Co.KG als Anwendungspartner (im Bereich Einzel- und Sondermaschinenbau)
  • Die Service Projekt Potsdam GmbH als Anwendungspartner (im Bereich Be- und Verarbeitung von Natursteinen)
  • Die IHK-Projektgesellschaft mbH als Multiplikator (Kommunikation und Streuung der Ergebnisse in der Zielgruppe ostdeutsche KMU)

Ein Blick ins Projekt

Die ersten Prototypen wurden bereits in Form virtueller Lernräume umgesetzt. Um einen hohen Lernerfolg zu gewährleisten, wurde darauf geachtet, möglichst detailgetreue Räume zu kreieren, die sich stark an den realen Gegebenheiten und dem Unternehmen selbst orientieren. Im folgenden Bild ist etwa ein Ausschnitt eines Lernraums der Firma Dr. Shufani zu sehen. Lernende bekommen hier die Möglichkeit, den Herstellungsprozess von passgenauen Formstanzteilen und Klebebändern aus einer "Mutter-Klebebandrolle" auf Basis real existierender Fertigungsmaschinen zu erlernen. Einzelne Produktionsschritte werden hier an 3D-Modellen erlernt.

Produktionshalle
Ausschnitt eines virtuellen Lernraumes der Dr. Shufani GmbH & Co.KG © LSWI

Ein besonderes Augenmerk gebührt den im Projekt entstandenen 3D-Modellen realer Maschinen: Diese wurden in enger Zusammenarbeit der rooom AG und der Dr. Shufani GmbH & Co.KG erarbeitet, um die komplexen Sondermaschinen möglichst detailgetreu in den virtuellen Raum zu überführen. Diese Modelle werden mit relevanten Informationen und interaktiven Lernmöglichkeiten angereichert. Beispielsweise können mit einer (virtuellen) Berührung der Maschine unterstützende Lernvideos eingeblendet werden. Die folgende Abbildung zeigt das Modell einer dabei genutzten Rotationsstanze.

Produktionsanlage
Rotationsstanze der Firma Dr. Shufani als 3D-Modell © LSWI

Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier.

Das Programm "Zukunft der Arbeit"

Das Forschungsprojekt "API-KMU" wird im Rahmen des Programms "Zukunft der Arbeit" vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Das Programm greift die Herausforderungen auf, die für Unternehmen (insbesondere KMU) und Menschen durch Strukturwandel, Technisierung und zunehmende Globalisierung in der Arbeitswelt entstehen, und lädt Unternehmen und Forschungseinrichtungen ein, mit innovativen Forschungsprojekten aktiv die Zukunft unserer Arbeitswelt mitzugestalten. Ziel des Programms ist es, technologische und soziale Innovationen gleichermaßen voranzubringen. Dazu sollen neue Modelle der Qualifizierung, der Gesundheitsprävention, der Arbeitsgestaltung und -organisation in und mit Unternehmen entwickelt und als Pilotprojekte in die betriebliche Praxis überführt werden. Dabei liegt der Fokus besonders auf branchenübergreifenden und interdisziplinären Projekten.

Weiterführende Informationen zum Programm "Zukunft der Arbeit" finden Sie auf dem ESF-Webportal sowie auf der Programmwebsite des BMBF.

Auszug aus dem ESF-Newsletter