Positive Lernkultur etablieren - ein Praxisbeispiel aus Sachsen

Datum
17.02.2022

Eine positive Lernkultur fördern und damit allen Beschäftigten im Unternehmen die Möglichkeit bieten, Weiterbildungen in den Arbeitsalltag zu integrieren: Das ist das Ziel der Geschäftsführung von ROSSKOPF + PARTNER, einem mittelgroßen Unternehmen der Holz- und Kunststoffverarbeitung aus dem Erzgebirge, als sie sich an das ESF-geförderte "Zukunftszentrum Sachsen" wendet. Ein aus Lernbegleiter*innen bestehendes Team des "Zukunftszentrums Sachsen" unterstützt Christin Bergmann, Vorständin im Unternehmen, und ihre Kolleg*innen bei der Entwicklung und Implementierung eines modernen Weiterbildungskonzepts.

Eine positive Lernkultur spielt insbesondere vor dem Hintergrund der digitalen Transformation des Unternehmens, aber auch in Bezug zur Gesundheitsförderung der circa 200 Mitarbeiter*innen eine bedeutende Rolle. Ziel ist die langfristige Entwicklung hin zu einer lernenden Organisation, in welcher die Beschäftigten motiviert sind, sich selbstständig weiterzubilden und sich für neue Herausforderungen der Zukunft zu qualifizieren. Diese positive Lernkultur zu schaffen, hat auch noch einen weiteren wichtigen Nebeneffekt, nämlich die Fachkräftesicherung nachhaltig zu gestalten.

Exkurs: Was ist eine Lernkultur und warum ist es sinnvoll, sie zu etablieren?

Mit einer aktiv gelebten Lernkultur wird die Veränderungs- und Lernbereitschaft der Mitarbeitenden und damit der ganzen Organisation unterstützt. Dazu gehören Normen, Werte und Einstellungen in Bezug auf das Lernen und die Rahmenbedingungen, wie Lernformate und eine Lernumgebung, die das Weiterbilden jeder einzelnen Person fördern. Neue Herausforderungen im Unternehmen können damit auf allen Ebenen gemeinsam bewältigt werden. Außerdem schafft die Lernkultur qualifizierte und motivierte Beschäftigte, die zufrieden und damit gesünder sind und sich dadurch stärker zum Unternehmen zugehörig fühlen. Dies fördert die Wettbewerbsfähigkeit. Die Lernkultur kann beispielsweise durch ein eigenes Weiterbildungsbudget gefördert werden, durch Einräumen von Arbeitszeit für die persönliche Entwicklung oder Räumlichkeiten zur kreativen Entfaltung. Auch Bildungsurlaub oder regelmäßige Treffen zum Austausch sind von Vorteil.

Offene Kommunikation erhöht die Akzeptanz

Dem Projektteam ist bei der Ausarbeitung des Weiterbildungskonzepts für das Unternehmen wichtig, ein für die Beschäftigten ansprechendes sowie innovatives Weiterbildungskonzept zu entwickeln und dies möglichst transparent und verständlich darzustellen. "Wichtig ist uns, dass wir einen Zugang für alle unsere Mitarbeiter*innen schaffen", betont Christin Bergmann im Video auf der Projekt-Webseite. Denn die offene Kommunikation und damit das Wissen über laufende Vorgänge, anstehende Neuerungen oder geplante Vorhaben sind der Schlüssel für die Akzeptanz der Mitarbeitenden und Voraussetzung für eine nachhaltige Sicherung des Projekts.

Neben den fachlichen Inhalten werden auch Methodenkompetenz und Aspekte der persönlichen Entwicklung vermittelt. So stellt sich die Frage, wie Führungskräfte dazu beitragen können, die Mitarbeitenden resilient auf bevorstehende Umbrüche vorzubereiten und in ihrer persönlichen Entwicklung zu stärken.

Bei wohl keinem anderen Thema zeigt sich der Generationsunterschied so deutlich wie bei der Digitalisierung. Während die sogenannten "Digital Natives" die Herausforderungen neuer Technologien oftmals leichter annehmen und fremde Dinge einfach ausprobieren, fühlen sich ältere Mitarbeitende schneller überfordert und wünschen sich konkrete Einweisungen und Handlungsempfehlungen. Es gilt demnach, auf die Bedürfnisse der einzelnen Generationen einzugehen und diese am besten mit einem eigenen, individuellen Ansatz je Zielgruppe zu berücksichtigen.

Begleitende Kampagne

Bei der ROSSKOPF + PARTNER AG sollen die Vorteile eines Weiterbildungskonzepts für alle Mitarbeiter*innen durch eine begleitende Kampagne sichtbar werden. Denn Erfolg hat das Konzept einer lernenden Organisation nur dann, wenn die Vorteile des eigenen Lernens auf persönlicher Ebene erkannt werden. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Veränderungen nicht als bedrohlich, sondern vielmehr positiv wahrgenommen und die Möglichkeiten zur Entfaltung als Chance gesehen werden. Dadurch wird auch die Eigenverantwortung der Beschäftigten gestärkt, was sich wiederum im Arbeitskontext günstig auswirkt. Weiterbildungen sollen je nach Situation und Bedarf individuell vorgeschlagen und im besten Fall in persönliche Gespräche integriert werden.

Personen sitzen an einem Tisch
Christin Bergmann (links) ist als Vorständin Teil des Lenkungskreises und für die Umsetzung des Weiterbildungskonzepts im Unternehmen zuständig. © ROSSKOPF + PARTNER

Lernkonzept PRACTICE: Veränderungen aktiv angehen und reflektieren

Das Thema sowie die Zielstellung und der zeitliche Rahmen für die Durchführung der Weiterbildungsstrategie wurden seitens der Geschäftsführung vorgegeben. Das für die Umsetzung zuständige Team im Unternehmen besteht aus Mitarbeitenden verschiedener Abteilungen und wird seitens des Zukunftszentrums von Tobias Sanders begleitet. Auf Basis des dafür entwickelten Lernkonzepts PRACTICE etablierte er einen sogenannten Lern- und Experimentierraum, in dem er sich regelmäßig mit dem Team zu gemeinsamen Workshops trifft und den Prozess durch fachliche Expertise unterstützt. Dabei werden entweder individuelle Herausforderungen auf Seiten der Mitarbeitenden oder aktuelle Herausforderungen im Unternehmen eruiert und im Weiteren schrittweise bearbeitet. Die Abstimmung mit Christin Bergmann als Vorständin für den Bereich HR und IT im Unternehmen erfolgt in Form eines Lenkungskreises. Für die technische Umsetzung einer Online-Weiterbildungsplattform und die Integration in bestehende Systeme ist ein externer Dienstleister einbezogen. Zur Jahresmitte 2022 sollen die ersten Tests möglich sein.
Aus Sicht von Christin Bergmann ist die Frage, warum auch andere kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) in Sachsen sich mit dem Thema einer Lernkultur beschäftigen sollten, einfach zu beantworten: "Wir alle wollen die Zukunft gestalten und dafür ist es notwendig, dass wir Freude am Lernen und Verändern entwickeln. Unser Projekt wird dazu beitragen und für uns als KMU ist es mit der Unterstützung des Zukunftszentrums natürlich schneller und effektiver umsetzbar."

Weitere Informationen zum Zukunftszentrum Sachsen finden Sie hier.

Das ESF-Programm "Zukunftszentren - Unterstützung von KMU, Beschäftigten und Selbständigen bei der Entwicklung und Umsetzung innovativer Gestaltungsansätze zur Bewältigung der digitalen Transformation" (kurz: "Zukunftszentren")

Das Projekt "Regionales Zukunftszentrum Arbeit und Qualifizierung neu denken in Sachsen" wird im Rahmen des Programms "Zukunftszentren" durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert.

Die rapide voranschreitende Digitalisierung und der zunehmend spürbare demografische Wandel verändern unsere Arbeitswelt gravierend. Dies bietet gerade für kleine und mittlere Unternehmen neue Chancen und Wachstumsaussichten. Gleichzeitig besteht ein enormer Anpassungsdruck. In besonderem Maße und schon deutlich früher sind die ostdeutschen Bundesländer mit den Herausforderungen des demografischen und digitalen Wandels konfrontiert. Hier stellt sich die Frage: Wie können Unternehmen und Beschäftigte sowie Selbstständige dabei unterstützt werden, diese Wandlungsprozesse zu meistern? Genau an dieser Stelle kommen die "Zukunftszentren" ins Spiel.

Die "Zukunftszentren" verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz: sie richten sich sowohl an Unternehmen und ihre Beschäftigten als auch an Selbstständige, insbesondere Solo-Selbstständige. In jedem ostdeutschen Bundesland ist ein "Regionales Zukunftszentrum" entstanden, um die unterschiedlichen Bedarfe der Regionen und Branchen differenziert in den Blick zu nehmen. Das übergeordnete "Zentrum digitale Arbeit", das federführend von Arbeit und Leben Sachsen e.V. betrieben wird, bündelt das Wissen und sorgt für einen bundesweiten Austausch. Mit dem "Haus der Selbstständigen" werden Informationen zur Gründung von Interessenvertretungen und zu selbstregulierenden Verfahren für Solo-Selbstständige und Plattformbeschäftigte bereitgestellt.

Qualifizierung im Betrieb neu denken und erproben

Mit dem Programm "Zukunftszentren" unterstützt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die ostdeutschen Bundesländer gezielt dabei, die großen Veränderungsprozesse, die sich beispielsweise aus der Entwicklung Künstlicher Intelligenz ergeben, zu bewältigen und vor allem sozial zu gestalten. Qualifizierung im Betrieb soll neu gedacht und erprobt werden - immer mit dem Ziel, die Selbstlern- und Gestaltungskompetenz zu fördern. Mit innovativen Konzepten zur Weiterbildung im Betrieb sollen beispielsweise digitale Kompetenzen in Unternehmen gefördert werden. Denn Digitalisierung verändert die Tätigkeiten und Anforderungen in allen Berufen.

Weitere Informationen zum Programm finden Sie hier.

Auszug aus dem ESF-Newsletter