Der mobile Nachbarschaftskiosk MINNA+WILLI in Hamburg-Wilhelmburg
- Datum
- 28.03.2024
Seit Juni 2023 fährt der mobile Nachbarschaftskiosk des ESF Plus geförderten Projekts "MINNA+WILLI" durch die Quartiere auf der innerstädtischen Elbinsel Wilhelmsburg. Täglich parkt der auffällig gestaltete 3,5-Tonner an wechselnden Standorten: Vor dem Kulturzentrum Honigfabrik, einer Bücherhalle, vor Supermärkten, sozialen Treffpunkten, Bankfilialen oder an der Bushaltestelle auf dem zentralen Stübenplatz.

Ein Ziel des Projekts ist es, sogenannte Alltagshelfer*innen mit Menschen mit Beratungs-, Hilfe- und Unterstützungsbedarf zusammen zu bringen. Der Nachbarschaftskiosk dient dabei als mobile Anlaufstelle. Er vermittelt die Wilhelmsburger Alltagshelfer*innen an Menschen mit Beratungs-, Hilfe- und Unterstützungsbedarf. Vor dem Fahrzeug steht ein zweiseitiger "Kundenstopper", der die Vorbeigehenden ansprechen soll: "Wir suchen dich 60+. Du möchtest dich in deiner Nachbarschaft engagieren? Du suchst einen Nebenverdienst?" und "Nachbarschaftshilfe für Dich. Bspw. im Haushalt, Kinder- und Haustierbetreuung, kleinere Reparaturen". MINNA+WILLI steht dort, wo die Wilhelmsburger*innen im Alltag unterwegs sind. Und bietet niedrigschwellig Lösungen für Probleme, die im Alltag auftreten - analog und persönlich, von Nachbar*innen für Nachbar*innen.
Vorbild für "MINNA+WILLI" ist das 2015 in Paris gegründete Projekt "Lulu dans ma rue", bei dem sich Nachbar*innen vor ehemaligen Zeitungskiosken treffen, sich austauschen und gegenseitig unterstützen. Lulu werden diese Alltagshelfer in Paris genannt, bei den Wilhelmsburger*innen heißen sie MINNA und WILLI, angelehnt an die Bezeichnung von Haushaltshilfen in früheren Zeiten.
Durch das Fenster des Nachbarschaftskiosks haben die Mitarbeiter*innen das Leben und Treiben auf der Straße im Blick und laden Interessierte auf einen Tee ein, um über den Nachbarschaftskiosk zu informieren und um Fragen zu beantworten. Viele, die vorbeischauen, haben das auch als Büromobil genutzte Gefährt bereits im Stadtteil gesehen oder haben in der Lokalpresse etwas über das Projekt gelesen. Auch den Flyer von "MINNA+WILLI" haben viele im Briefkasten vorgefunden in Cafés und Geschäften gesehen oder auf einem Stadtteilfest in die Hand gedrückt bekommen. Das Projekt, das hinter dem Nachbarschaftskiosk steht, ist den Anwohner*innen zudem bekannt durch Aushänge, Veranstaltungen, Social Media oder Mundpropaganda. Bevor sie das persönliche Gespräch am Nachbarschaftskiosk suchen oder spontan finden, sind also viele bereits in unterschiedlichen Zusammenhängen auf "MINNA+WILLI" aufmerksam geworden.
Mehr als 60% der in Hamburg-Wilhelmsburg lebenden Menschen haben eine Migrationsgeschichte. Aktuell kommen mehr als ein Drittel der bei "MINNA+WILLI" engagierten Akteur*innen ursprünglich aus der Türkei, dem Iran, Chile, Kolumbien, Ghana, Italien oder Bosnien-Herzegowina. Die Alltagshelfer*innen verbindet, dass sie - als Menschen im (Vor-)Ruhestand - viel Tagesfreizeit haben. Und sie wünschen sich eine sinnvolle Aufgabe, das Gefühl, gebraucht zu werden, mehr Kontakte vor Ort und kleine Nebenverdienste. Dafür bringen sie unterschiedliche Kompetenzen aus dem Handwerk, der Gastronomie, dem Einzelhandel und Dienstleistungsgewerbe sowie der Sozial- oder Kreativwirtschaft mit. "MINNA+WILLI" matcht sie mit Wilhelmsburger Kund*innen. Diese freuen sich beispielsweise über einen wieder funktionierenden Spülkasten, blitzsaubere Fenster, neu installierte Rollos, eine versorgte Katze während ihres Krankenhausaufenthaltes, gepflegte Staudenbeete, Gitarrenunterricht oder einfach über nette Gesellschaft. Und sind gern bereit, ihre Alltagshelfer*innen dafür stundenweise zu bezahlen. Tatsächlich sind bereits freundschaftliche Beziehungen zwischen den Akteur*innen und Kund*innen von "MINNA+WILLI" entstanden - nach dem Motto "in neighbourhood we trust!".
Das Projekt "MINNA+WILLI - Die Wilhelmsburger Alltagshelfer*innen" wird im Rahmen des Programms "Stärkung der Teilhabe älterer Menschen - gegen Einsamkeit und soziale Isolation" durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und durch die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert. Weitere Förderer des Projekts sind die Sozialbehörde und die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg. Kooperationspartner des Projekts sind der Sozialverband SoVD Hamburg und das Bezirksamt Hamburg-Mitte unter Federführung des Fachamtes Sozialraummanagement. Träger des Projekts ist die Passage gemeinnützige Gesellschaft für Arbeit und Integration mbH.
Weitere Infos zu "MINNA+WILLI" finden Sie unter https://minnaundwilli.de
Das ESF Plus Programm "Stärkung der Teilhabe älterer Menschen - gegen Einsamkeit und soziale Isolation"
Das Programm verfolgt das langfristige Ziel, die individuelle Einkommens- und Lebenssituation älterer Menschen in der aktiven Berufstätigkeit, aber auch in der nachberuflichen Phase zu verbessern. Beratungs- und Aktivierungsangebote sollen über die Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Sozialleistungen, die Vermeidung von Einsamkeit und sozialer Isolation und andere individuelle Herausforderungen aufklären und unterstützen.
Es richtet sich vorrangig an ältere Beschäftigte ab 60 Jahren, die vom Ausschluss vom Arbeitsmarkt bedroht oder betroffen sind. Darunter können zum Beispiel auch Personen fallen, die bereits Grundsicherungsleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch beziehen oder Frauen, die nach Betreuungsaufgaben in der Familie wieder in den Beruf einsteigen wollen oder auch Beschäftigte mit Migrationshintergrund.
"Stärkung der Teilhabe älterer Menschen" ist das Nachfolgeprogramm von "Stärkung der Teilhabe älterer Menschen - Wege aus der Einsamkeit und sozialen Isolation im Alter" der ESF-Förderperiode 2014-2020.
Weitere Informationen zum Förderprogramm "Stärkung der Teilhabe älterer Menschen - gegen Einsamkeit und soziale Isolation" finden Sie auf dem ESF-Portal.